Heiliger Gral Achtsamkeit ? Hype oder Mythos? Achtsamkeit ist eine wirksame, bewährte und von vielen empfohlene Methode, um Trauma und seine Folgen zu bewältigen. Allerdings ist es wichtig, dass Betroffene sich bewusst sind, dass achtsames Üben unter bestimmten Umständen schädlich sein kann.
Betroffene sollten kritisch hinterfragen, ob es für sie in ihrer momentanen Befindlichkeit wirklich sinnvoll ist, achtsam zu sein, anstatt sich auf andere bestehende Strategien zu konzentrieren.
Im Artikel erfahren Sie über Irrtümer und Empfehlungen.
Kann Achtsamkeit Trauma heilen?
Achtsamkeit und Trauma sind eng miteinander verknüpft. Viele Menschen, die unter Trauma leiden, machen sich auf die Suche nach Methoden, um ihren Zustand zu verbessern. Eine dieser Methoden ist die Achtsamkeit. Viele glauben, dass Achtsamkeit eine Wunderwaffe gegen Trauma ist und dass sie Trauma heilen oder zumindest deren Symptome lindern kann. Aber ist das wirklich so?
Achtsamkeit kann definiert werden als die Fähigkeit, bewusst und aufmerksam zu sein, was gerade in unserem Körper und unserem Geist vorgeht. Es ist ein Zustand des vollständigen Einlassens auf das, was ist, ohne es zu bewerten oder zu verändern. Die Praxis der Achtsamkeit kann uns helfen, uns selbst und unsere Umgebung besser wahrzunehmen, unsere Gedanken und Gefühle zu akzeptieren und uns besser zu entspannen.
Aber was hat Achtsamkeit mit Trauma zu tun?
Kann sie Trauma wirklich heilen oder zumindest deren Symptome lindern?
Die Antwort ist: Jein.
Körpergewahrsein und Interozeption
Traumapatienten und Betroffene von Gewalterfahrungen, Entwicklungs- und Komplextrauma leiden oft unter einem gestörten Körpergewahrsein. Dies bedeutet, dass sie oft nicht wahrnehmen können, was in ihrem Körper vorgeht.
Viele leiden unter einer gestörten Interozeption, was bedeutet, dass sie nicht in der Lage sind, die Signale ihres Körpers wahrzunehmen.
Körpergewahrsein und Interozeption als Fundament von Achtsamkeit als Praxis, sind jedoch die Schlüssel zur Heilung von Trauma.
Durch die Fähigkeit, die Signale des Körpers wahrzunehmen und zu verstehen, können Traumapatienten und Betroffene lernen, ihren Körper besser zu verstehen und zu heilen. Dies ermöglicht es ihnen, auch ihre Symptome besser zu verstehen und zu behandeln.
Denn Achtsamkeit hilft uns, unsere Aufmerksamkeit auf das zu richten, was gerade in unserem Körper und unserem Geist vorgeht. Durch die Praxis der Achtsamkeit lernen wir, unsere Gedanken und Gefühle zu akzeptieren, anstatt uns von ihnen überwältigen zu lassen. Wir lernen, uns selbst und unsere Umgebung besser wahrzunehmen und entspannter zu sein. Dies alles kann dazu beitragen, dass wir uns besser fühlen und unsere Traumasymptome lindern.
Wenn Sie unter den Folgen von Trauma leiden, ist es wichtig, dass Sie sich an einen ganzheitlichen - d.h. auch mit dem Körper arbeitenden - Therapeuten wenden, der sich auf die Behandlung von Trauma spezialisiert hat. Dieser kann Ihnen helfen, Ihr Körpergewahrsein und Ihre Interozeption zu verbessern und Ihnen so auf dem Weg zur Heilung zu helfen.
7 Irrtümer über Achtsamkeit und Trauma
Es gibt auch viele Irrtümer über die Auswirkungen von Achtsamkeit auf Menschen mit Traumaerfahrungen, die wir klären müssen.
Hier liste ich Ihnen nur die 7 häufigsten Irrtümer über Achtsamkeit in Zusammenhang mit Trauma, denn die Zahl der Irrglauben ist beinahe endlos.
Erstens ist es falsch anzunehmen, dass Achtsamkeit Trauma heilt. In Wirklichkeit können bestimmte Aspekte der Achtsamkeit für Traumapatienten sehr schädlich sein, wie etwa die Fokussierung auf Gedanken und Gefühle.
Zweitens ist es ein Mythos, dass Achtsamkeit Trauma-assoziierten Symptomen vorbeugt. Tatsächlich kann die Achtsamkeit bestimmte Symptome verschlimmern oder sogar neue auslösen.
Drittens ist es ein weit verbreiteter Irrtum, dass Achtsamkeit immer ein direkter Weg zur Bewältigung von Trauma ist. Studien haben jedoch gezeigt, dass die meisten Traumapatienten nicht sofort auf Achtsamkeit ansprechen, sondern eine Kombination verschiedener Strategien benötigen. All dies sind wichtige Dinge, die man bedenken sollte, bevor man sich auf ein Achtsamkeitsprogramm für Trauma einlässt.
Viertens ist es ein weiterer häufiger Irrtum, dass Achtsamkeit immer ruhig und entspannend ist. Tatsächlich kann die Achtsamkeit für Traumapatienten sehr anstrengend und aufwühlend sein. Die Fähigkeit, diese Anstrengung aufzubringen und dennoch weiterzumachen, ist eine wesentliche Komponente der erfolgreichen Bewältigung von Trauma.
Fünftens ist es ein weit verbreiteter Glaube, dass Achtsamkeit immer eine positive Erfahrung sein muss. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Achtsamkeit kann auch unangenehme Erinnerungen und Gefühle wachrufen. Dies ist ein völlig normales und sogar wichtiges Phänomen, das bei der Bewältigung von Trauma eine wesentliche Rolle spielt.
Sechstens ist es ein weit verbreiteter Mythos, dass Achtsamkeit immer ein individuelles Unterfangen ist. Tatsächlich kann die Achtsamkeit auch in einer Gruppe praktiziert werden. Dies ist eine sehr wirkungsvolle Strategie, die bei der Bewältigung von Trauma sehr hilfreich sein kann.
Siebtens ist es ein weit verbreiteter Glaube, dass Achtsamkeit immer ernst und konzentriert sein muss. Tatsächlich kann die Achtsamkeit auch spielerisch und leicht sein. Dies ist eine sehr wirkungsvolle Strategie, die bei der Bewältigung von Trauma sehr hilfreich sein kann.
Welche Erfahrungen haben Sie mit Achtsamkeit gesammelt?
Danke für diesen wichtigen Artikel. Ich erlebe immer wieder wie Menschen die in Wochenendseminaren zu Achtsamkeit der Meinung sind, dass es wie du schreibst ein Heilmittel vor allem auch bei Trauma ist. Wenn ich dann etwas zur Vorsicht oder eine nachhakende Frage stelle wird das dementsprechend als ,,Nichtwissend" kommentiert.